Gamescom-Afterblog #4: Was die Messe ausgezeichnet hat

Dies ist der letzte Teil meines Blogs zur Gamescom 2022. Um die Stunde des Moments zu nutzen, springe ich einmal in das Feld des Videospieljournalismus hinein und teile meine Erfahrungen und Impressionen über die diesjährige Gamescom und ihre Aussteller. Über den Verlauf von vier Tagen hatte ich die Gelegenheit, mich in diverse Schlangen zu stellen, zukünftige Releases anzuspielen und mich mit einigen Entwicklern auszutauschen. Zur Liste aller Artikel zur Gamescom 2022: https://stevenangelo.de/tag/gamescom-2022/

Wie viele andere habe ich die Gamescom vermisst. Von 2015 bis 2019 war ich bei jeder Gamescom dabei – und auch, wenn es zunächst eine Tradition unter Freunden war, eine Gelegenheit zu haben, sich aus ganz Deutschland an einem Ort zu treffen, so war die Messe selbst natürlich ein Teil davon.

Was ist die Gamescom eigentlich? Sie ist grundsätzlich die größte Gelegenheit für Europäer, sich über Videospiele auszutauschen, gemeiname Interessen zu feiern und neue Spiele anzutesten. Dazu gehört der Cosplay-Contest genauso wie die 6-stündige Warteschlange vor dem nächsten Triple-A-Titel. Die Menschen gehören genauso dazu wie die Spiele.

The Good

Die Stimmung hat sich nicht verändert. Menschengefüllte Gänge, etliche Anspielstationen, große Aufsteller und ein Lautstärkepegel, der einen nach mehreren Tagen taub und heiser macht. Zwar haben sich nicht alle Studios herangetraut, doch namenhafte Größen waren dennoch vorhanden. Durch kompaktes Belegen von Ausstellerplätzen war wie immer viel los.

Die Merchandise-Halle 5 war erneut dazu in der Lage, beide Etagen zu belegen. Neben den namenhaften Ausstellern wie Panini oder Blizzard Entertainment waren auch viele mittelgroße Händler vertreten. Die Menge an Figurenverkäufern und sogar günstigeren Outlet-Händlern hat sich leicht erhöht, leider dazu auch die Menge an Loot Bags und Surprise Boxes, die auch nichts anderes als physische Lootboxen darstellen.

Die Indie- und Arcade-Ecke in Halle 10 war größer als man es kennt, und deshalb auch ziemlich dicht gepackt. Am ausverkauften Samstag konnte man teilweise nicht mal ordentlich an den Anspielstationen vorbeilaufen. Man merkt definitiv, wo die 6-Stunden-Warteschlangen hin sind, denn mehr Leute hatten Zeit, sich auch mal den kleineren Spielen zu widmen. Ich würde mir für nächstes Jahr dennoch wünschen, dass die Indie Area die Hälfte und nicht nur ein Viertel der Halle bekommt. Mehr dazu gleich.

Die mittelklassigen Game Studios wie Bandai Namco, Krafton, SEGA, etc. hatten eigentlich überall was zu bieten und haben die Hallen dadurch gefüllt. Man hat dieses Jahr wohl auch endlich darauf verzichtet, Leute für irgendwelche exklusiven Trailer anstehen zu lassen, und was man gesehen hat, war auch anspielbar.

Die Events waren voll wie immer. Die mehrjährige Pause hat beim Cosplay-Contenst zu einem erbitterten Wettkampf geführt. Ich habe einfach nur großen Respekt vor all den Künstlern und Darstellern, die auf der Bühne oder in den Gängen ihre Cosplays präsentiert haben. Das Niveau war dieses Jahr enorm hoch. Die AEW-Showmatches bei THQ Nordic waren außerdem eine echt schlaue Art der Promotion und ein Hingucker für Leute wie mich, die mit Wrestling nichts am Hut haben.

The Bad

Sprechen wir über den Elefanten im Raum, die fehlenden Aussteller. Gerade Vertreter wie Nintendo und EA, oder auch Activision, die für gewöhnlich glatt ganze Sechtel oder Drittel von Hallen für sich beansprucht haben, hinterließen natürlich Lücken. Das Ergebnis war, dass die hinteren Bereiche der Hallen immer die Leere der Gamescom gezeigt haben.

Einerseits sind daran natürlich die Publisher Schuld, die nach mehreren Jahren Covid-Pandemie ohne Gamescom und E3 schlichtweg keinen Wert im Zeit-Investment gesehen haben, ihre Pipeline wie zuvor auf die Messe-Saison einzustellen. Selbst, wenn z.B. Nintendo auf der Messe gewesen wäre, was hätten sie präsentieren können? Pokémon und das neue Kirby-Partyspiel? Und sonst noch?

Andererseits hat aber auch die Event-Organisation der Gamescom nicht nur kluge Entscheidungen bei der Planung getroffen. Die Halle 6 zur Event-Halle zu machen, die große Teile des Tages geschlossen ist und dann für Konzerte und eSport-Matches zu öffnen, war schlau. Gerade das Metal: Hellsinger-Konzert soll wohl eine riesige Crowd angezogen haben, die die Halle gefüllt hat.

In den wichtigen Hallen 7, 8 und 9 war es so, dass man versucht hat, den Großteil der Aussteller in Richtung der Eingänge zu schieben und dadurch Lücken am Ende der Halle entstanden sind, was in den Jahren davor natürlich nie so war. Der Eindruck, dass sich um die Plätze nicht besonders gerissen wurde, hat sich dadurch also verstärkt. In Halle 10 hingegen war die Verteilung irrsinnig. Die langweilige Hardware-Halle war diesmal noch langweiliger und war nur aufgrund der Cosplay Area relevant und die andere Halle war halb voll und halb leer, da Indie und Arcade-Bereich völlig überladen und Family und Entertainment Area relativ leer waren. Ich finde den Gedanken gut, Indie und Arcade eine Etage der Halle 10 einfach komplett zu geben. So verteilt sich alles schöner und Indies haben Platz, sich zu entfalten.

Last but not least wären da noch die Corona-Maßnahmen. Fast Pass war nur an wenigen Ständen möglich, die viel versprochenen digitalen Warteschlagen waren gänzlich abwesend und wegen nicht vorhandener Maskenpflicht erinnerten nur zufällig verstreute Desinfektionsspender an den Status der Covid-Pandemie. Gäste, die sich also erhofft haben, relativ sicher aus der Messe zu kommen, haben stattdessen ein Superspreader-Event bekommen. Einzig der Einlass lief diesmal deutlich flüssiger dank digitaler QR-Tickets und Einlassschranken, das kann gern immer so sein.

Meine Highlights

Aussteller-Highlights der Gamescom, die ich bereits vorgestellt habe, waren Moonbreaker von Krafton (zur Review) und Park Beyond von Bandai Namco (zur Review). Beide Spiele haben das Potential, etwas Großes zu werden.

Seinem Vorgänger treu und was die Fans sich erhoffen, war SpongeBob SquarePants: The Cosmic Shake, das noch dieses Jahr für PC, Nintendo Switch, PS4 und Xbox One rauskommt. Ähnlich wie bei Crash Bandicoot hat hier das Remake des ikonischen Originals zu einem tollen Nachfolger geführt.

Außerdem interessant war LEGO® Bricktales vom Bridge Constructor-Entwickler ClockStone. Die Adventure-Bausimulation erscheint ebenfalls dieses Jahr und ich kann jedem erwachsenen LEGO-Fan nur empfehlen, sich die kostenlose Demo auf Steam herunterzuladen und das Spiel auszutesten. Es ist das erste LEGO-Videospiel, das mich persönlich angesprochen hat und hat schon früh einen guten Knobel-/Sammelcharakter.

A Webbing Journey vom österreichischen Studio Fire Totem Games könnte ein kleines Indie-Schmankerl werden. Die Entwickler sind auf jeden Fall enthusiastisch dabei, sich in den 3D-Puzzle-Platformer-Markt zu stürzen.

Auch Potion Tycoon, das unter Daedalic-Banner vom finnischen Studio Snowhound Games entwickelt wird, könnte sich zu einem äußerst komplexen Management-Sim mustern.

Goat Simulator 3 sieht nach einem spannenden Nachfolger aus, erst recht mit Multiplayer-Möglichkeiten, The Callisto Protocols Stimmung reizt selbst mich als jemand, der mit Dead Space nie viel zu tun hatte, und One Piece: Odyssey sieht schon mal gut aus, das Ergebnis hängt aber viel vom Langzeitspaß ab, der auf so einer Anspieldemo nicht getestet werden kann.

Puh, das war trotz allem nicht wenig.

Fazit

Es war schön, wieder in das Gamescom-Feeling eintauchen zu können. Trotz der fehlenden Publisher-Riesen boten die mittelgroßen und kleinen Spiele durchaus noch genug Fläche, um sich über die tolle Stimmung vier Tage lang durch die Messe tragen zu lassen.

Natürlich würde ich mir wünschen, dass sich nächstes Jahr auch der Rest wieder zur Gamescom traut, und die 25% weniger Tickets hat man natürlich auch bemerkt. Ich bin mir eigentlich gar nicht mal so sicher, ob ich die engen Gänge jeden Tag vermisse, denn der Samstag war durch den Influx an Leuten dann schon wieder vertraut voll und lärmig.

Ich habe so einige Spiele auf meine Wunschliste getan, die ich mir sonst nicht angesehen hätte, und auf jeden Fall eine gute Zeit gehabt, trotz der Schwächen der diesjährigen Gamescom. Dennoch hat sie meiner Meinung nach gezeigt, dass sich große Publisher nicht davor fürchten sollten, nicht genug Gäste auf ihren Ausstellerplätze zu haben, denn was diese Gamescom 2022 gezeigt hat, ist, dass Gamescom nicht Nintendo oder EA sind, sondern die Community, die Menschen und das Interesse, das einen zusammenbringt. Cheers.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

search previous next tag category expand menu location phone mail time cart zoom edit close