Meine Eindrücke von der DMEXCO 2022

Ich hatte nun eine gute Woche, um meine Eindrücke über meinen ersten Besuch bei der DMEXCO zu sammeln. Für diejenigen, die nicht Teil der Branchen-Bubble sind: Die DMEXCO ist eine einmal im Jahr stattfindende Fachmesse für digitales Marketing & Werbung, die schon seit 2009 in Köln stattfindet und dort drei der großen koelnmesse-Hallen füllt. Ich habe die Messe aus Gründen der arbeitsbezogenen Weiterbildung besucht und konnte den Besuch dank 0€-Studententicket auch stemmen. Der normale Ticketpreis betrug dieses Jahr 149€. Besucht habe ich nur den ersten von zwei Tagen.

Die Organisation der Veranstaltung war erwartbar professionell. Jeder Besucher hat ein schönes QR-Kärtchen gekriegt. Die Verpflegung vor Ort war noch überteuerter als schon bei einer Gamescom (aber bei den ganzen Start-ups und Geschäftsleuten kann man es sich ja leisten, Mineralwasser für 4,50€ zu verkaufen), allerdings war der kostenlose Barista-Kaffee an jedem x-ten Stand passend zum Selling Talk ein guter Ausgleich. Ganz gewieft war Unilever, die mit 5-Minuten-Terrine und Langnese-Eis um sich geworfen haben, um junge Leute zu rekrutieren.

Die Hallen 7, 8 und 9 selbst waren ziemlich gut gefüllt und der lange Gang Richtung Ausgang Süd war am Ende des Tages deshalb durchaus ungewohnt. Natürlich hat man hier mehr auf Dichte gesetzt, die aufgrund ihrer kurzen Laufwege auch den Weg zwischen verschiedenen Vorträgen enorm verkürzt hat.

Doch soll es natürlich nicht nur um Essen gehen, schließlich war man ja hier, um etwas zu lernen und zu networken. Der interessanteste Inhalt bezogen auf meine Arbeit war dabei natürlich der PXM Summit von Akeneo. Es war durchaus ganz interessant, Eindrücke weiterer Firmen in ihrem Übergang zur PIM-Nutzung zu hören. Letztlich konnte ich viele positive und negative Eindrücke oder Fettnäpfchen wiedererkennen, die auch unsere Kunden beschäftigten. Es war selbstredend eher ein Mut-Panel, das Unternehmen dazu anregen sollte, ein PIM-System zu installieren, aber trotzdem ein informatives Panel.

Einziger Scherzfaktor war letztlich der Vertreter eines der Kunden, dessen Englisch, nett ausgedrückt, nicht für ein Thema wie PXM gereicht hat. Wer jedoch als Kenner von PXM bei dem Panel große neue Informationen oder Insights erwartet hat, wird enttäuscht worden sein, denn die Moderation ging hauptsächlich Fragen auf einem Kärtchen durch und vertiefte Themen kaum.

Der Preis für den lockersten Beitrag bezüglich Social-Media-Marketing ging auf jeden Fall an Rezo auf der gut besuchten Red Stage. Da ich selbst schon einiges an Erfahrung mit YouTube-Growth gesammelt habe, war es spannend zu hören, dass er und sein Team ein System entworfen haben, um der immer steigenden Anzahl an falschen oder nachgeholfenen Influencern gewachsen zu sein, vor allem da Unternehmen wie Meta oder Google dafür aufgrund ihres kommerziellen Interesses keinen Finger krümmen. Ich bin mir sicher, dass die Arbeit von Nindo auch intern gemacht wird. Don’t get me wrong though – ist für Unternehmen mit Interesse aber ohne Plan tatsächlich ein sehr relevantes Tool.

Schlussendlich leben wir im Jahr 2022 in einer Marketing-Umgebung, für die Social Media in gewisser Weise unabdingbar geworden ist, und da die Expertise eines professionellen Influencers in Richtung Unternehmen zu kriegen, war ein einzigartiger Blickwinkel.

Von dem conversionmaker.ai-Panel war ich leider etwas enttäuscht. Die „7 Basics, die du beim Copywriting beachten solltest“ waren leider sehr basic und am Ende wieder ein Pitch für automatisierte Texte ihrer eigenen Plattform. Verbunden mit verzerrter Darstellung der Studienlage, indem man zwar zeigt, wie viele Leute einen Text als KI-Text erkannt haben, aber nicht wer welchen besser fand, war der Vortrag dann schon etwas schwach.

Da muss ich dann nebenbei auch noch den TikTok-Head erwähnen, der mir beim Verlassen der Red Stage nach dem Rezo-Vortrag zurief, dass 1/3 der Nutzer nach dem Schauen eines Beitrags schon einmal ein Produkt gekauft, oder sich dafür interessiert haben. Marketing-Leute wissen eben sehr gut, wie man die Fakten so zurechtbiegt, dass sie für einen schön aussehen. Jetzt bin ich aber tatsächlich neugierig, wie schlecht die gewöhnliche TikTok-Werbung eigentlich funktionieren muss. Dass Werbung auf einer 5-Sekunden-Feelgood-Plattform nicht gut funktioniert, hatte ich ja erwartet.

Networking auf der Messe war auch so eine Sache. Als Dienstleister war man förmlich der Aussteller, der herumläuft. Es gab einige interessante Gespräche, jedoch keinen großen hinterlassenen Eindruck. Anders als auf einer Consumer-Messe hatte man gerade in der World of Agency oft das Gefühl, man ist freiwillig in das Haifischbecken der Werbevertreter gelaufen. Richtig innovativ waren allenfalls die VR- und AR-Anbieter, die Produkte zum Anfassen anboten. Ansonsten war es eine Mischung aus Marketing-Bataillon, Recruitern und Inside-Bubble, die einem Wissen beigebracht hat, das ich eher in die Kategorie „Gesunder Menschenverstand“ oder „hat ein halbes Jahr im Marketing gearbeitet“ einordnen würde.

Deshalb ist mein Eindruck zur DMEXCO auch sehr gemischt. Ich habe deutlich mehr erwartet.

Mein Fazit ist daher ganz nüchtern: Groß etwas dazugelernt habe ich nicht. Die Erfahrung einmal mitgemacht zu haben, war auf jedenfall wertvoll. Es hat einem in gewisser Weise einen guten Eindruck über die Scheinwelt des Marketing-Schnacks verliehen. Mit einer klaren Selling-Agenda hinter jedem Vortrag und hoher Eigenstruktur hat es sich daher vor allem wie ein Webinar angefühlt, nur ohne obligatorische Newsletter-Anmeldung und Whitepaper.

Ich kann natürlich nicht einschätzen, wie es vor Covid war. Vielleicht war die DMEXCO vorher ja auch wie eine große Party. Vielleicht auch nicht. In jedem Fall bin ich auch ein bisschen enttäuscht über die limitierte Linse, die man beim Einblick in die verschiedenen Themenfelder erhalten hat. Und selbstredend über die vielfältigen Täuschungsversuche und Studien ohne Quellenangaben, die meines journalistischen Erachtens nach nicht nur unprofessionell, sondern auch gefährlich sein können.

Ergo: Kann man mal gemacht haben, muss aber nicht nochmal. Und ist aufgrund der starken Akquise-Funktion vermutlich eher für Unternehmen geeignet, die ihr Wachstum durch Networking und Head-to-Head-Gespräch enablen wollen. Oder für Marketing-Leute, denen das Auf-dem-Stand-halten zu schwer fällt.

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